Ihre Fragen aus dem Webinar:

Hinweis: Diese Antworten dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar! Sie können insbesondere keine individuelle rechtliche Beratung ersetzen, welches die Besonderheiten eines Einzelfalles berücksichtigt.

1. Gibt es einen allgemeinen Richtlinienentwurf oder Leitfaden zur Antikorruption für Unternehmen, der die Inhalte des aktuellen EU-Richtlinienentwurfs abdeckt?

Linklaters LLP: Nach unserem Kenntnisstand gibt es derzeit keinen Leitfaden für Unternehmen, der die Inhalte des Entwurfs der EU-Antikorruptionsrichtlinie widerspiegelt. Der Entwurf befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren, das zudem aktuell zum Stillstand gekommen ist. Der Inhalt der Richtlinie steht folglich noch nicht final fest. Zudem müsste die Richtlinie dann noch in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden.

2. Könnten Sie erläutern, inwiefern die neuen EU-Richtlinien mit dem geplanten AML-Paket zusammenhängen und welche Auswirkungen sie insbesondere auf den öffentlichen Sektor sowie auf meldepflichtige Personen haben könnten?

Linklaters LLP: Die EU-Antikorruptionsrichtlinie sowie das Anti-Geldwäsche-Paket, bestehend aus der Anti-Geldwäsche-Richtlinie, der Anti-Geldwäsche-Verordnung und Vorgaben zur Errichtung einer neuen Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche (AMLA), verfolgen letztlich ein gemeinsames Ziel: die wirksame Verhinderung und Bekämpfung von Finanzkriminalität in der Europäischen Union.

Die geplante EU-Antikorruptionsrichtlinie zielt darauf ab, Straftaten im Bereich der Korruption und Bestechlichkeit zu verhindern bzw. zu sanktionieren. Im Unterschied dazu richtet sich das Anti-Geldwäsche-Paket vor allem gegen die nachträgliche Verschleierung kriminell erworbener Vermögenswerte, etwa aus Korruptionsstraftaten.

Beide Regelungswerke ergänzen sich insofern, als Korruptionsdelikte häufig als Vortaten zur Geldwäsche nach StGB dienen. Sie fördern darüber hinaus Transparenz und den Informationsaustausch zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten.

3. Welche Auswirkungen hat die EU-Richtlinie auf das Compliance-Management in der Schweiz, insbesondere bei international tätigen Unternehmen? In der Schweiz gilt derzeit lediglich der nicht gebührende Vorteil als Tatbestandsmerkmal. Dieses Element scheint in der EU-Richtlinie so nicht enthalten zu sein. Im privaten Sektor kommt es häufig zu Provisionen im Zusammenhang mit Vermittlungen oder Empfehlungen bestimmter Unternehmen – stellt dies nach der Richtlinie bereits eine strafbare Handlung dar? Und: Ist dabei die Höhe der Provision ausschlaggebend, oder genügt eine transparente Offenlegung gegenüber beiden Vertragsparteien, um den Vorwurf einer Bestechung zu vermeiden?

Linklaters LLP: Der geographische Anwendungsbereich der EU-Antikorruptionsrichtlinie erstreckt sich grundsätzlich nur auf die EU-Mitgliedsstaaten. Eine EU-Richtlinie bedarf zudem grundsätzlich der Umsetzung in nationales Recht. Aus dem nationalen Recht der EU-Mitgliedstaaten wiederum können sich durchaus Auswirkungen auch für Schweizer Unternehmen ergeben, insbesondere wenn diese international, mithin in der EU, tätig sind. So müssen sich etwa die in EU-Mitgliedsstaaten ansässigen (Tochter-)Unternehmen Schweizer Konzerne regelmäßig an die nationalen Strafrechtsvorgaben halten . Darüber hinaus erfassen viele nationale Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen auch Auslandstaten, sofern ein konkreter Inlandsbezug besteht.

Ob Provisionszahlungen nach aktuellem, nationalem Strafrecht oder nach den zukünftigen Vorgaben der EU-Antikorruptionsrichtlinie strafrechtlich zulässig oder verboten wären, sollte unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles geprüft werden.

4. Gilt die Richtlinie ausschließlich für Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder ist auch der Wohnsitz beziehungsweise die Geschäftstätigkeit innerhalb der EU maßgeblich?

Linklaters LLP: Die EU-Antikorruptionsrichtlinie wird – wie alle Richtlinien auf EU-Ebene – nach ihrer Verabschiedung keine unmittelbare Wirkung gegenüber Einzelpersonen entfalten. Adressaten sind vielmehr die Mitgliedstaaten, die verpflichtet sind, die Vorgaben der Richtlinie innerhalb einer bestimmten Frist in ihr nationales Recht zu überführen. Auf diese Weise schafft die Richtlinie europaweit vergleichbare strafrechtliche Regelungen im Bereich der Korruptionsbekämpfung.

In Deutschland etwa richtet sich die Strafbarkeit von Korruptionsdelikten nach dem sogenannten Tatortprinzip. Maßgeblich ist demnach der Ort, an dem die Tat begangen wurde oder an dem der Taterfolg eintritt (vgl. §§ 3 ff. StGB). Daneben können unter bestimmten Voraussetzungen Auslandstaten erfasst sein, sofern ein konkreter Inlandsbezug zu Deutschland besteht.

5. Haben Sie eine Einschätzung, wann mit der Verabschiedung der EU-Richtlinie zu rechnen ist?

Linklaters LLP: Da die Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission aktuell festgefahren erscheinen, ist leider derzeit nicht absehbar, in welchem Umfang und wann die EU-Antikorruptionsrichtlinie in Kraft treten werden wird.

6. Empfehlen Sie Unternehmen bereits jetzt, ihre Antikorruptions-Compliance-Systeme um Fraud-Elemente zu erweitern – etwa im Hinblick auf die Vorgaben aus dem ECCTA bzw. dem Fighting-the-Fraud-Package (FtPF)?

Linklaters LLP: Wir empfehlen ganz grundsätzlich eine kontinuierliche Überprüfung und ggf. Weiterentwicklung eines jedes Compliance Management Systems, um neuen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen stets in risiko-adäquater Weise zu genügen und ggf. entstehende Lücken zu schließen.

Jedenfalls dann, wenn die Geschäftsaktivitäten Ihres Unternehmens Bezüge zum Vereinigten Königreich aufweisen, sollte geprüft werden, ob der Anwendungsbereich des ECCTA eröffnet ist.

Aber auch ohne einen Bezug zum Vereinigten Königreich sollte das Risiko, dass aus dem Unternehmen betrügerische Handlungen vorgenommen werden, weitestmöglich reduziert werden.

 

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Wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen.

Über die Referenten

 

Dr. Kerstin Wilhelm

Linklaters LLP

Dr. Kerstin Wilhelm ist Co-Head der deutschen Crisis Management & Compliance Gruppe von Linklaters LLP und Partnerin im Bereich Litigation, Arbitration & Investigations. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts, insbesondere der Durchführung interner Untersuchungen und der Beratung bei behördlichen Untersuchungen im In- und Ausland einschließlich der Unternehmensverteidigung sowie im Bereich der präventiven Compliance. Sie hat eine Vielzahl von Finanzinstituten und Unternehmen zu Fragen des EU-Sanktionsrechts mit Fokus auf die gegen Russland verhängten Sanktionen beraten, unterstützt Mandanten aber auch regelmäßig bei Fragestellungen im Zusammenhang mit der EU Blocking Verordnung sowie bei allgemeiner Sanctions Compliance.

Während eines Secondments im EMEA Investigation Team eines U.S.-Technologieunternehmens sammelte sie zusätzliche Erfahrungen im Bereich interner Ermittlungen zu sensiblen Themen in verschiedenen Jurisdiktionen. Zudem verfügt sie über umfangreiche Erfahrungen bei der Begleitung von behördlichen Durchsuchungen.

Dr. Johannes Dittrich

Linklaters LLP

Dr. Johannes Dittrich ist Rechtsanwalt und Head of Risk Advisory Europe bei Linklaters LLP. Er unterstützt Unternehmen und Finanzinvestoren beim Management rechtlicher und Compliance-Risiken in einem zunehmend komplexen regulatorischen Umfeld. Zuvor war er über 15 Jahre in globalen Führungspositionen bei Linde, BSH Hausgeräte und MAN tätig, zuletzt als Chief Compliance Officer der Vitesco Technologies Group, wo er das weltweite Compliance- und Datenschutzmanagement aufbaute.

Bei Linklaters verbindet er juristische Expertise mit praxisnaher Beratung, um integrierte Risiko- und Compliance-Lösungen für internationale Mandanten zu entwickeln.

Thomas Becker

LexisNexis

Thomas Becker ist Business Development Manager Risk & Compliance bei LexisNexis. Seit über elf Jahren verantwortet er den Auf- & Ausbau für Süddeutschland & Österreich und betreut branchenübergreifend Compliance-Projekte. Außerdem ist er Mitglied im Deutschen Institut für Compliance (DICO).